Unsere Solidarität gegen ihren Rassismus
Am vergangenen Samstag, dem 08. Februar, wurde Repression in Berlin Mal wieder groß geschrieben: Auf einer Demonstration mit dem Titel „Stoppt die Aggression in West Bank! Keine Waffenlieferungen an Israel“ verbot die Polizei jegliche Parolen und Reden, die nicht auf Deutsch oder Englisch sind, sowie Trommeln. Begründet wurde dieses die Versammlungsfreiheit in einem absurden Maß einschränkende Vorgehen mit der mangelnden Möglichkeit Straftaten zu verfolgen. Denn jede:r Polizist:in hat ein Recht darauf, immer alles zu verstehen, was um sie herum gesprochen wird. Die Trommeln wurden – na klar! – untersagt, da sie zu laut seien. Denn eine Sprache die man sowie so nicht versteht, versteht man noch schlechter, wenn dazu getrommelt wird. Macht Sinn.
Und Macht ist auch das, was hier in Wahrheit unangetastet bleiben soll. Es geht um Kontrolle, um deutsches Wohlbefinden und um den durch offizielle Auflagenbescheide legalisierten institutionalisierten Rassismus in der Polizei. Denn mit „anderen Sprachen“ meint sie vermutlich hauptsächlich Arabisch. Diese Verallgemeinerung und der Bezug der hier aufgemacht wird – Arabisch gleich möglicherweise strafbar – triefen nur so vor rassistischen Vorurteilen und festigen diese gleichzeitig in der Öffentlichkeit. Menschen, die arabisch sprechen werden unter Generalverdacht gestellt.
Durchgesetzt wurde diese Regelung dann auch wie gewohnt mit Polizeigewalt, wie auf Videos der Versammlung in den sozialen Medien zu sehen ist.
Das ist nicht der erste Fall von solchen polizeilichen Auflagen, auch wenn diese Rechnung letztes Mal aufgrund internationalistischer Solidarität nicht aufging. Unter anderem im (ebenfalls Palästinasolidarischen) Camp vor dem deutschen Bundestag im April 2024, fanden diese schon einmal Anwendung. Das führte vor knapp einem Jahr dazu, dass Genossinnen des Irish Bloc Berlin auch nach dem Verlassen des Camps von der Polizei bis in ein Museum verfolgt wurden, weil sie auf gälisch sprachen. Auch hebräische Reden wurden zunächst verboten, bevor sie dann zumindest für eine Shabbat-Feier und ein Pessachfest geduldet wurden. Und auch vergangenen Samstag waren ein Lied auf arabisch und ein Redebeitrag auf hebräisch der Grund für die gewaltsame Auflösung der Demonstration durch die Polizei.
Zu einem generellen Verbot soll es laut der Berliner Polizei und Innensenatorin Iris Spranger zwar nicht kommen, trotzdem zeigt sich hier eine Tendenz: Pauschalisierung und Prävention. Bewegungen und Aktivistinnen sollen durch solche Maßnahmen eingeschüchtert, klein gehalten und bereits im Vorhinein von ihrem politischen Handeln abgehalten werden. Das zeigt sich sowohl bei den pauschalen Demonstrationsverboten rund um den „Nakba-Tag“ im Jahr 2022 und gegen den Krieg in Gaza im Oktober 2023 in Berlin, als auch in der tagelangen polizeilichen Belagerung des Kiezes rund um die Sonnenallee und den Hermannplatz oder eben solche Sprachverbote. Weitere Beispiele abseits der Solidaritätsbewegung mit Palästina sind zum Beispiel präventive Haftstrafen gegen Klimagerechtigkeitsaktivistinnen in Bayern oder politische Betätigungsverbote für kurdische Genossinnen.
Und auch Politikerinnen machen mit: Martin Matz z.B., innenpolitischer Sprecher der SPD- Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, befürwortete das Trommel- und Sprachverbot. Ebenfalls verteidigte er im November 2023 im Tagesspiegel die eben schon angesprochenen Demonstrationsverbote (laut Polizei übrigens 20 der 41 angemeldeten oder spontan durchgeführten Versammlungen) mit den Worten „Es finden genügend Versammlungen ja auch statt.“ Eine Haltung zur Versammlungsfreiheit, die tief blicken lässt: Offensichtlich sieht Matz alle palästina- solidarischen Versammlungen als monolithischen Block, ungeachtet der Teilnehmerinnen, Anmelderinnen oder thematischen Schwerpunkte. Und selbst wenn man dieser kruden Perspektive folgen würde, ist 50/50 keine gute Bilanz für die Versammlungsfreiheit. Als linke Bewegung müssen wir wachsam sein: Aus Erfahrung wissen wir, dass Überwachung und Repression oft genug zuerst Bewegungen treffen, die der Politik ein Dorn im Auge sind. Und wir wissen auch, dass sie normalisiert werden, besonders wenn sie unbeantwortet bleiben.
Auch hier gilt: Getroffen hat es wenige, gemeint sind wir alle. Wir als Rote Hilfe Berlin verurteilen diese präventive, pauschalisierende und rassistische Repression zutiefst!
Wir stehen an der Seite aller, welche aufgrund ihres Einsatzes für Frieden und Gerechtigkeit Polizeigewalt erfahren und wir sind solidarisch mit unseren Genossinnen – egal welche Sprache ihre Wut hat oder wie laut sie trommeln!