
Sowohl in Deutschland, als auch in der Türkei sind besonders kurdische Genoss*innen aufgrund ihrer Verfolgung nach vermeintlichen Antiterrorparagraphen oft mit langen Haftstrafen konfrontiert. Die Auswirkungen auf die Gefangenen und ihre Familien sind dabei immens. Knast bedeutet immer, aus dem selbstbestimmten Alltag herausgerissen und ein staatlich kontrolliertes System gezwungen zu werden. Hinzu kommen besonders in der Türkei menschenunwürdige Haftbedingungen: Physische und psychische Folter, Isolation, unzureichende oder ganz ausbleibende medizinische Versorgung, Misshandlungen, unzumutbare hygienische Zustände. Neben der emotionalen Situation ist auch die finanzielle Lage für die Gefangenen und ihre Familien eine enorme Belastung.
Und auch in Deutschland sitzen so viele Genoss*innen im Knast wie lange nicht. Dabei zeigt sich besonders an der unrechtmäßigen Auslieferung Majas nach Ungarn und den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen, sowie den regelmäßigen Zeug*innenvorladungen von Danielas Besucher*innen, sowie der drohenden Abschiebung von MehmetÇakas die Verfolgungswut der deutschen Sicherheitsbehörden.
Wenn Staaten und ihre Repressionsbehörden derart feindselig gegenüber unseren Genoss*innen agieren, ist Solidarität unerlässlich – ob unter Gefangenen, von und mit Freund*innen und Angehörigen außerhalb der Mauern oder finanziell.
Aus diesem Anlass wollen wir uns mit Dr. Veysi Ülgen, dem Vorsitzenden der Ärztekammer in Diyarbakir, Autor und Mitarbeiter der TIHV, Yeter Erel Tuma, Psychologin und Co-Vorsitzende des Vereins der Angehörigen von Gefangenen (Tuay-Der) in Diyarbakır und Genoss*innen von Azadi darüber austauschen, wie diese notwendige Solidarität dauerhaft organisiert werden kann. Dass niemand allein bleibt und wir unsere politischen Kämpfe trotz Repression fortführen können.
Die TIHV ist eine Menschenrechtsorganisation in der Türkei, die 1990 gegründet wurde. Sie konzentriert sich auf die Behandlung, Rehabilitation, Dokumentation und Beseitigung von Folter und anderen Misshandlungen. Seit ihrer Gründung hat die TIHV mehr als 22.000 Folterüberlebenden und deren Angehörigen in der Türkei Behandlungs- und Rehabilitationsdienste angeboten. Die Stiftung verfolgt einen ganzheitlichen Behandlungsansatz. TIHV verfügt über vier Behandlungszentren in Istanbul, Izmir, Ankara und Diyarbakir sowie zwei Referenzzentren in Cizre und Van. Außerdem gibt TIHV sowohl einen täglich, als auch einen jährlichen Bericht zu diesen Menschenrechtsverletzungen heraus.
TUAY-DER ist Teil der Föderation der Familienangehörigen von Gefangenen und Strafgefangenen (MED TUHAD-FED). MED TUHAD-FED organisert die Zusammenarbeit von Solidaritätsorganisationen aus verschiedenen Provinzen in der Türkei, welche sich für die Freilassung und das Überleben von fast 3500 politischen Gefangenen einsetzen, die in 120 Gefängnissen unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert sind. Sie bietet rechtliche Unterstützung gegen die Verletzung des Lebens- und Menschenrechte und macht die türkische Öffentlichkeit auf diese aufmerksam. Med Tuhad-Fed steht in engem Kontakt mit fast 3500 Familien von Gefangenen und trifft sich regelmäßig mit ihnen um nach Lösungen für die Menschenrechtsverletzungen zu suchen und bietet ihnen materielle und moralische Unterstützung.
Azadi, gegründet 1996, ist eine deutsche Solidaritätsorganisation, welche sich für die Rechte und die politische und finanzielle Unterstützung von kurdischen politischen Gefangenen einsetzt, sowie für Genoss*innen, die aufgrund ihrer politischen Betätigung im Rahmen des kurdischen Freiheitskampfes von der BRD verfolgt werden.
Moderiert wird das Podium von der Roten Hilfe Ortsgruppe Berlin. Die Rote Hilfe organisiert strömungsübergreifend politische und finanzielle Solidarität für alle Menschen, die aufgrund ihrer linken politischen Betätigung vom deutschen Staat verfolgt werden.
Mitveranstaltet vom AK Menschenrechte Türkei der IPPNW, welcher seit fast 30 Jahren jährliche Reisen in die kurdischen Gebiete in der Türkei unternimmt und diese Delegation organisiert.
Die Veranstlatung findet auf Deutsch statt, mit übersetzung aus dem Türkischen.