Entscheidung umgangen (junge Welt vom 17.08.2021)
Justiz stellt Verfahren gegen zwei Teilnehmende der Luxemburg-Liebknecht-Demo ein. Beschuldigte akzeptieren Geldauflage notgedrungen
Von Annuschka Eckhardt
Im Amtsgericht Tiergarten in Berlin ist es trubelig am Montag vormittag. Die Schlange vor dem Eingang ist ungewöhnlich lang. Medienvertreterinnen und -vertreter tummeln sich mit Kameras sowie Mikrofonen auf den pompösen Steintreppen. Grund für den Auflauf ist der von den konservativen Medienhäusern hochgepeitschte »Abu Chaker«-Prozess. Die Verhandlung im Fall von angeblicher »Clankriminalität« generiert viel Aufmerksamkeit, während ein wichtiger Prozess von politischer Tragweite nicht zu interessieren scheint.
Um 11.30 Uhr sollte es zum ersten Verhandlungstermin gegen die »Freie Deutsche Jugend« (FDJ) kommen. Dabei ging es um den Angriff der Polizei auf einen Teil der diesjährigen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration (siehe jW vom 18. Januar), der auch international für Aufsehen sorgte. Mehr als ein Dutzend Anhängerinnen und Anhänger der FDJ sowie weitere sich dem Staatsapparat Entgegenstellende waren am 10. Januar dieses Jahres verhaftet worden. Noch vor Beginn der traditionellen Manifestation am Frankfurter Tor waren die Beamten gegen rund 30 Personen vorgegangen, die teils Hemden mit dem Emblem ihrer Organisation trugen und entsprechende Fahnen mitführten. Zwei Teilnehmende der Demonstration saßen am Montag auf der Anklagebank und sollten sich wegen versuchter Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verantworten.