Am Sonntag den 17.5.2015 sind erneut ca. 70 Personen nach Pankow gekommen um vorm dortigen Frauenknast ihre Solidarität mit Gülaferit Ünsal zum Ausdruck zu bringen. Gülaferit befindet sich seit dem 6. April und damit inzwischen 44 Tage im Hungerstreik, mit dem sie gegen Schikanen und Provokationen durch die Anstaltsleitung und unsolidarische Mithäftlinge protestiert. Ihre Situation wird zunehmend lebensbedrohlich.
Seit dem 13. Mai 2015 sind auch die Gefangenen Yusuf Tas, Özgür Aslan, Muzaffer Dogan und Sonnur Demiray, die ebenfalls wegen §129b inhaftiert sind und zur Zeit in Stuttgart vor Gericht stehen, in einen Solidaritätshungerstreik mit Gülaferit getreten, ebenso wie seit dem 11. Mai Ahmet Yüksel, ein weiterer 129b-Gefangener, der in Ratingen einsitzt.
Gülaferit ist eine politische Gefangene die im Juli 2011 auf Antrag der Bundesanwaltschaft in Griechenland in Auslieferungshaft gekommen und nach drei Monaten nach Deutschland in den Frauenknast in Berlin-Lichtenberg deportiert worden ist. Nach zwei Jahren Isolationshaft wurde sie im Mai 2013 zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.
Ihr wird vorgeworfen Mitglied in der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C), einer türkischen kommunistischen Organisation, gewesen zu sein. Dabei soll sie für den Verkauf von Zeitschriften und die Organisation kommerzieller Veranstaltungen zuständig gewesen sein und Spendenkampagnen koordiniert haben. Unter Verwendung des Gesinnungsparagraphen 129b wurden diese eigentlich legalen Tätigkeiten zu einer Gefahr für die Staatsicherheit der BRD hochgejazzt. Wie auch in anderen 129b-Verfahren beruhten große Teile der Anklage auf Informationen von türkischen Sicherheitskräften. Dass beim Zustandekommen solcher Beweise in der Türkei Folter keine Seltenheit ist, war für die Richter nicht relevant.
Nach dem Urteilsspruch wurde Gülaferit in den Frauenknast in Pankow überführt, wo sie nach wie vor einsitzt. Im Knast ist sie massiven Schikanen durch Schließer*innen und unsolidarische Mithäftlinge ausgesetzt. „Im Gefängnis, im Hof, bei der Arbeit, im Auto, während Arztbesuchen und auf den Stationen bin ich mit heftigen Provokationen von anderen Häftlingen angegriffen worden. Obwohl ich mit Wärtern und Sicherheitsleuten gesprochen habe, haben sie sich dazu nicht geäußert und nichts dagegen getan. Man hat eher darauf gewartet und darauf gebaut, dass die Angriffe mehr werden.“ schreibt sie in einem offenen Brief. Nachdem sie sich gegen eine Mitgefangene, die sie mit einem Messer bedrohte, verbal zur Wehr setzte fiel den Schließer*innen nichts besseres ein, als Gülaferit für mehrere Stunden in ihre Zelle einzuschließen. Außerdem werden ihr regelmäßig türkischsprachige Zeitungen nicht ausgehändigt – praktisch ihre einzige Möglichkeit sich über die Außenwelt zu informieren.
Auch während ihres Hungerstreiks haben sich die Missgunst und Schikanen eher verschärft als verbessert. Die Schließer*innen bringen Gülaferit, obwohl sie von ihrem Hungerstreik wissen, jeden Tag Essensrationen, oft verbunden mit dem hämischen Hinweis, dass das Essen “heute besonders lecker” sei. Mehrfach hat sie ihre Zeitungen nicht bekommen und eine der Gefangenen, die sich auch an den Schikanen gegenüber Gülaferit beteiligt hat, rief während der ersten Solidaritätsdemo am 19. April “Ausländer raus!” aus dem Fenster und hat Gülaferit schon rassistisch beleidigt.
Solidarisches Verhalten unter Gefangenen ist in der BRD leider eher die Ausnahme als die Regel. Vielmehr ist der Knastalltag, wie es Oliver Rast, Sprecher der Gefangenengewerkschaft (GG/BO), formuliert, von “Missgunst, Anscheissereien, Maulheldentum, Unaufrichtigkeiten wohin man guckt, etc.” dominert. Allianzen zwischen einzelnen Gefangenen und der Anstaltsleitung, die diese durch (oft falsche) Versprechen von Begünstigungen benutzt um einzelnen, potentiell aufmüpfigen Gefangenen das Leben zur Hölle zu machen sind dabei leider keine Seltenheit.
Obwohl die Demo ein weiteres Mal von den Bullen genötigt wurde einen Großteil der Strecke auf dem Bürgersteig zurückzulegen und von Beamt*innen in zivil begleitet wurde, gelang es durch die Knastmauern hindurch ein klares Zeichen der Solidarität an Gülaferit zu senden. Sie konnte die Demo durchs Fenster verfolgen und wenigstens durch Winken ein Wenig Kontakt mit der Außenwelt kommunizieren.
Trotz der lebensbedrohlichen Situation in der sich Gülaferit befindet, weigert sich die Knastleitung nach wie vor sich mit der Situation auseinander zu setzen. Dabei fordert Gülaferit im Grunde nur, dass ihre Rechte eingehalten werden.
Inzwischen hat Gülaferit mehr als 10 Kilo abgenommen ihr Gesundheitszustand wird von Tag zu Tag kritischer!
Aus diesem Grund braucht sie jetzt mehr den je unsere Solidarität!
!!!Kommt zur Kundgebung am Mittwoch um 18 Uhr vor der JVA Pankow (Ecke Borkumstraße/Arkonastraße)!!!
Scheibt ihr! Sie spricht Englisch und Türkisch
Gülaferit Ünsal
JVA für Frauen
Arkonastr. 56
13189 Berlin
Setzt Euch mit dem Knast in Verbindung und fordert:
– das Ende der Provokationen und Übergriffe
– Zugang zu allen Zeitschriften
JVA für Frauen Berlin
Arkonastraße 56
13189 Berlin
Tel.: +49 30 90 245 – 700
Fax: +49 30 90 245 – 717
Reißen wir die Mauern ein, die uns trennen!
Solidarität mit Gülaferit Ünsal und allen politischen Gefangenen!
Feuer allen Gefängnissen!