Urteil im Heidelberger Spitzelskandal

Veröffentlich am 29.08.2015

Im Fall des verdeckten LKA-Ermittlers Simon Bromma hat die baden-württembergische Landesregierung heute vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe eine vernichtende Niederlage einstecken müssen.

Der LKA-Beamte hatte im Jahr 2010 unter falschem Namen und mit gefälschten Papieren das linke studentische Milieu und die alternative Szene ausspioniert, politische Gruppen infiltriert und enge persönliche Bindungen vorgetäuscht, um die Betroffenen auszuforschen. Erst nach einem Jahr Undercover-Einsatz konnte er durch Zufall enttarnt werden.
Das Gericht machte sehr deutlich, dass der Einsatz des geheimdienstlich arbeitenden Polizeispitzels gegen die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD)vollkommen unbegründet und unrechtmäßig war. Begangene oder auch nur zu befürchtende Straftaten waren der ‚Zielperson‘ des Spitzeleinsatzes in keiner Weise zuzuordnen. Die Vorsitzende Richterin folgte überdies vollumfänglich der Darstellung der Kläger, nach der der Polizeispitzel Simon Bromma unterschiedslos über alle ihm bekannt gewordenen Personen Informationen, insbesondere zu persönlichen und politischen Netzwerken weitergegeben hatte.

War der Einsatz schon als solcher rechtswidrig – so die Richterin -, so war die Ausforschung eines gesamten Milieus, die in keiner Weise vom Einsatzbefehl abgedeckt war, durch überhaupt nichts zu rechtfertigen.
Als bitterer Nachgeschmack bleibt bestehen, dass die Bespitzelten dank der Vertuschungspolitik der grün-roten Landesregierung weiter im Unklaren gelassen werden, was für Informationen überhaupt über sie gesammelt und gespeichert wurden. Innenminister Reinhold Gall (SPD) hatte die Akten, die unter seiner Vorgängerregierung zusammengetragen wurden, mit einer Sperrerklärung belegt, weil durch ihre Veröffentlichung „das Wohl des Landes Baden-Württembergs gefährdet“ sei.

Der Vertreter des LKA stellte vor Gericht den Einsatz als einen ganz gewöhnlichen Polizeieinsatz dar, wie er von der baden-württembergischen Polizei üblicherweise behandelt wird. Die geheimdienstliche Überwachung radikaler Linker und aller widerständigen Bewegungen durch politische Polizei und Inlandsgeheimdienst geht also weiter – in den meisten Fällen kann sie nicht wie im vorliegenden aufgedeckt werden und die Polizei muss eine Entlarvung ihres rechtswidrigen Charakters nicht befürchten.

Dennoch begrüßt die Rote Hilfe e. V. die heutige Gerichtsentscheidung als wichtiges Signal im Kampf gegen Repression und Überwachungsstaat.

Wir werden auch weiterhin allen beistehen, die sich gegen Überwachung, Einschüchterung und Kriminalisierung linker Bewegungen durch Polizei und Geheimdienste wehren.

H. Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.