Redebeiträge von uns und Andreas Krebs zur Demo für Nanuk

Veröffentlich am 06.11.2024

Am 02.11.24 haben um die 300 Menschen ihre Solidarität mit dem antifaschisten Gefangenen Nanuk auf die Straße und vor den Knastmauern der JVA Moabit getragen. Wir, die Rote Hilfe Berlin, veröffentlichen hier unseren Redebeitrag und auch das Grußwort, welches wir von Andreas Krebs erhalten hatten.


Redebeitrag von uns:

Liebe Genoss*innen,
liebe Freund*innen,

in der letzten Woche überschlug sich die mediale Berichterstattung hinsichtlich der Foltermethoden, denen Gefangene in der JVA Augsburg immer und immer wieder ausgesetzt waren: Gefangene sollen „regelwidrig“ in „besonders gesicherte Hafträume“ gezwungen worden sein. Ohne Matratze, nackt, kauernd auf einem Betonfußboden, tagelang, körperlich misshandelt von JVA-Bediensteten. Die Verantwortlichen für diese Barbarei sind nun fleißig dabei sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben, abwechselnd will niemand etwas gewusst haben, wurde nicht ausreichend informiert oder war am Ende doch gar nicht zuständig. Zumindest im bedienen desselben Narrativs sind sich alle mal wieder einig: Bedauerlicher Einzelfall, ein Fehler im System. Das der „bedauerliche Einzelfall“ in Erzählungen von staatlicher Gewalt immer noch der große Hauptdarsteller ist, das finden wir nun wiederum mehr als bedauerlich. Denn es ist schlicht falsch und eine dreiste Lüge. Denn Knast ist nichts anderes als Gewalt: Der Entzug der Bewegungsfreiheit, der vollkommene Verlust der persönlichen Autonomie, die krasse Ausbeutung für die das Wort „Lohnarbeit“ jeglicher Beschreibung spottet. Rassistische, chauvinistische, patriarchale Gewalt die wie unter einem Brennglas im Knastalltag zu Tage tritt.

Knast, und alleine die bloße Androhung, ist ein Mittel der Herrschaftssicherung, der Disziplinierung und Kontrolle. Knast ist mitunter eines der schärfsten Schwerter der politischen Repression, die der bürgerliche Staat für all diejenigen bereit hält, die sich nicht an seine Regeln halten können, wollen oder diese bewusst brechen. Mit langen Knaststrafen will der Staat betroffene Genoss*innen zwingen ihre politische Identität aufzugeben. Die gesamte Bewegung soll eingeschüchtert und geschwächt werden. Und ja, der Gedanke an und die Konfrontation mit Knast kann uns Angst machen, uns lähmen, er ist bedrohlich. Umso wichtiger ist es, sich genau damit auseinanderzusetzen und einen Umgang damit zu finden. Denn es ist an uns die Knastmauern zu durchbrechen, die Isolation aufzuheben, der Angst und der Gewalt etwas entgegen zu setzen: Unsere Solidarität! Denn Solidarität macht uns stark – als Bewegung, aber auch als Einzelne. Solidarität zu spüren hilft, Knast überstehen zu können. Solidarität zu organisieren schützt uns als Bewegung, schützt aber auch unsere Genoss*innen in den Knästen. Wir müssen unsere inhaftierten Genoss*innen und alle kämpfenden Gefangenen, die für ihre Rechte und ihre Würde einstehen, unterstützen. Mit allen politischen Mitteln für ihre Freiheit kämpfen und damit die Lebendigkeit der Kämpfe erhalten. Knast trennt uns räumlich, oft auch gedanklich. Doch egal ob drinnen oder draußen – wir sind weiterhin eins.

Wir schicken kämpferische und solidarische Grüße an all diejenigen, die nicht bei uns sein können. Weil sie inhaftiert sind oder sich eine drohenden Inhaftierung entziehen:

Nanuk, Hanna, Maja, Tobi, Daniela, Özgül, Isan, Erkan, Jo, Nico, Burkhardt, Volker, Andreas und alle untergetauchten Antifaschist*innen. Wir stehen fest an eurer Seite und wünschen euch von Herzen Freiheit und Glück!


Grußwort von Andreas Krebs

Mein lieben Teilnehmer und liebe Teilnehmerinnen der heutigen Demo, ich grüße euch und bin in Gedanken bei euch. Besonders möchte ich alle politischen Gefangenen grüßen, die wegen ihrer Einstellung und Arbeit in den unterschiedlichen Kerkern eingesperrt werden. Auch außerhalb Deutschlands, wie Maja, die nach Ungarn entführt wurde. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen und versichern, dass alle Gefangenen die eine Haltung oder Widerstand an den Tag legen, mit Schikane überhäuft werden. An ihnen wird ein Exempel statuiert, auch um uns zu spalten und andere gehörig zu machen. Umso wichtiger ist es, innerhalb und außerhalb der Mauern sich den Rücken zu stärken. Seid laut vor den Mauern, wir lassen niemanden alleine! Und zeigt den System-Schergen und den Verantwortlichen die Zähne. In diesem Sinne grüße ich alle Inhaftierten, ob soziale oder politische Gefangene, sowie alle Untergetauchten, egal wo auf dieser Welt.

Euer Andreas Krebs


Hier findet ihr nochmal den Aufruf: https://berlin.rote-hilfe.de/2024/10/29/aufruf-zur-antifaschistischen-demonstration-in-berlin-solidaritaet-mit-nanuk/