Redebeitrag zu Peltiers 80 jährigem Geburtstag

Veröffentlich am 01.11.2024

[For english translation, see page 2]

Am 12.09.24 ist der politische Gefangene Leonard Peltier 80 Jahre alt geworden. An dem Tag gab es eine Kundgebung vor der US Botschaft. Wir veröffentlichen hier nachträglichen unseren Redebeitrag.
Mehr Infos zu der Aktion könnt ihr hier finden: https://freethemallberlin.nostate.net/2024/08/01/berlin-12-sep-24-freiheit-fuer-leonard-peltier/
Einen Radiobeitrag dazu, mit vielen Eindrücken und den Beiträgen der Kundgebung findet ihr hier: https://radioaktivberlin.nostate.net/2024/09/18/berliner-kundgebungsbericht-fuer-die-freiheit-von-leonard-peltier/


Liebe Genoss:innen, liebe Mitstreiter:innen,

ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin. Leider kann ich krankheitsbedingt heute nicht unter euch sein, freue mich aber, dass es meine Worte sind. Heute wird Leonard Peltier 80 Jahre alt. Wir wünschen ihm zu seinem Geburtstag und an jedem anderen Tag viel Kraft, Durchhaltevermögen und Solidarität. Von diesen 80 Jahren hat Leonard Peltier 48 in Haft verbracht. Mehr als die Hälfe seines Lebens hat er die volle härte der US Amerikanischen Knastrepression erfahren müssen. Dies hat klare Spuren hinterlassen. Seine Gesundheit leidet enorm unter diesen unmenschlichen Bedingungen und am mangel adäquater medizinischer Behandlung. Sein Zustand ist lebensbedrohlich.

Leonard Peltier ist ein Aktivist des American Indian Movement und wurde 1977 zu zweimal lebenslänglicher Haft wegen Mordes an zwei FBI-Leuten verurteilt. Die juristische Aufarbeitung war klar politisch motiviert. Es ist bekannt, dass das FBI und andere Verantwortliche Zeug:innenaussagen manipulierten, Entlastungsbeweise unterschlugen und bis heute massiven Druck ausübten. Der Knast erfüllt weltweit viele Funktionen, doch eine sehr wichtige ist es auch, emanzipatorische und linke Bewegungen und Kämpfe zu schwächen und einzelne Genoss:innen zu isolieren. Leonard Peltier hat mal selbst gesagt: „Ein politischer Gefangener ist jemand, der sich für die Rechte und die Freiheit seiner Leute einsetzt und allein deshalb inhaftiert ist.“.

Auch hier in Deutschland werden viele Genoss:innen isoliert, abgeschoben und eingesperrt um ganze Bewegungen zu kriminalisieren und zu schwächen. Gerade aktuell läuft das Antifa Budapest-Verfahren. Unsere Genoss:in Maja wurde rechtswidrig ins queerfeindliche Ungarn entführt. Weitere sitzen noch in Haft und andere werden verfolgt.
Seit Jahrzehnten werden hier in Deutschland kurdische Genoss:innen mit dem Stempel des Terrorismus gebrandmarkt, verfolgt und eingesperrt, damit der Staat eigene Geopolitische Ziele befriedigen kann. 13 kurdische Genossen sitzen zurzeit hier in Haft. Ihn wird alle eine Mitgliedschaft in der PKK vorgeworfen. Aber auch palästinensische Genoss:innen, die für eine bessere Zukunft kämpfen, werden gerade massiv verfolgt.
Zur Bekämpfung dieser Bewegungen, nutzt der Staat noch über das Strafrecht hinaus, das restriktive Asyl und Aufenthaltsrecht.
Knäste sind schon ein Ort, wo es kaum Raum für Leben, Freude oder Perspektiven gibt. Doch die Bemühungen von politischen oder kämpferischen Gefangenen werden in diesem isoliertem System mit noch mehr Gewalt und Schikane geantwortet. Auch unser Genosse Andreas Krebs, in der JVA Tegel, ist damit tagtäglich konfrontiert. Neben der Einbehaltung von Zeitschriften, Post, Briefmarken, Flyern und anderen Dingen, wird sein alarmierender Gesundheitszustand, trotz lauter Anträge, fast durchgehend bagatellisiert oder ignoriert. Erst vor kurzem musste er einige Tag ins Haftkrankenhaus verbringen, wo dort festgestellt wurde, dass er seit über 9 Monate eine falsche Medikation bekommen hat. Überall auf der Welt, wird die Gesundheit und das Leben von Inhaftierten billigend im Kauf genommen.

Doch wo Repression ist, ist auch oft Widerstand. Sowie bei auch Leonard Peltier.

Seine 48 Jahre im Knast sind nicht nur eine Geschichte der Repression, sondern vor allem auch des Widerstandes. 48 Jahre, bis heute, hat Leonard Peltier gegen Knäste und Imperialismus gekämpft. Er hat sich immer wieder öffentlich gegen die unterschiedlichsten Missständen und Ungerechtigkeiten geäußert. Seit 48 Jahren ist er eine wichtige Stimme aus dem Knast, für alle linken Bewegungen weltweit geworden. Seine klare Haltung, trotz oder gerade wegen der enormen Repression, gibt Genoss:innen überall Kraft ihren eigenen Kämpfe fortzuführen, egal wie groß die Hürden sind. Und es sind auch 48 Jahre voller Solidarität, die bis zum Schluss Weltweit für seine Befreiung kämpfen. Denn die Strategie des Staates, Bewegungen durch Knast und Isolation zu brechen, kann nur aufgehen, wenn die betroffenen alleine gelassen werden. Und genau dass ist heute erneut der Grund, warum auch wir auch hier in Berlin uns treffen, vor der US-Amerikanischen Botschaft. Nur gemeinsam können wir Veränderungen erreichen.
Leonard Peltier hat einmal folgendes gesagt:
„Meine anhaltende Inhaftierung hat einigen guten Zwecken gedient. Mein Verteidigungskomitee diente als Übungsfeld für andere Aktivisten bei ihrer Verteidigung von Freiheit und Gerechtigkeit.“
Dieser Satz zeigt wie deutlich er sich und seine Erfahrungen und Aktionen als Teil einer gesamten Bewegung begreift.

Solidarität, wie er es auch sagt, muss geübt werden. Sie muss praktisch und im Alltag eingepflegt werden. Sie muss auch strömungsübergreifend sein, denn als langjährige Antirepressionstruktur wissen wir genau, dass wir uns Angesicht von Verfolgung und Kriminalisierung nicht spalten lassen dürfen. Getroffen hat es einige, gemeint hat es uns alle. Trotz aller inhaltlichen und praktischen Differenzen, Kritik und Streitigkeiten, sollten wir bei staatlicher Repression zusammen halten und uns solidarisch verhalten.

Solidarität kann auch so vielfältig wie unsere linke Bewegung selbst sein: organisiert Info-Veranstaltungen, Demos, Kundgebungen und Aktionen, sammelt Geld für Knast-Konten und vor allem, lasst sie eure Solidarität spüren.
Schreibt den Gefangenen, sei es auch nur ein paar solidarische Zeilen auf einer Postkarte. Das kann den Menschen die sie erhalten Kraft geben und zeigt dem Staat, dass wir die Inhaftierten nicht vergessen haben. Es kann nie zu viel Post geben.

Lass wir die Leute nicht alleine, sondern knüpfen wir gemeinsam an den Kämpfen an für eine bessere Zukunft für alle.
In diesem Sinne
Free Leonard Peltier
Free Them All

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