Soligruppe des Berliner Beschuldigten in den 129/129a-Verfahren
Was ist passiert?
Seit 2019 wird vom Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren nach § 129a StGB (terroristische Vereinigung) gegen einen Beschuldigten aus Frankfurt am Main geführt. Ermittelt wird wegen eines Angriffs auf die Außenstelle des Bundesgerichtshofs (BGH) in Leipzig in der Silvesternacht zum 1. Januar 2019. Die Ermittlungserfolge ließen auf sich warten.
Die Aussagen des Verräters Johannes Domhöver führten dazu, dass im Juni 2022 mehrere Hausdurchsuchungen stattfanden und sich damit der Kreis der Beschuldigten im 129a-Verfahren um eine Person aus Berlin erweiterte. Weiter belasten die Aussagen von Domhöver den Berliner Beschuldigten auch im „Antifa Ost-Komplex“, in dem nach § 129 StGB (kriminelle Vereinigung) ermittelt wird.
Wir haben uns als Soligruppe zusammengeschlossen, um den Berliner Beschuldigten in den 129/a Verfahren zu unterstützen und die Verfahren in Zukunft politisch zu begleiten. Dieses Anliegen teilen wir mit den Soligruppen der anderen im 129a-Verfahren Beschuldigten aus Frankfurt und Leipzig. Wir grüßen sie und die Beschuldigten an dieser Stelle herzlich!
Wir sind nicht allein, leider.
Im Mai diesen Jahres wurden bereits vier Antifaschist:innen vor dem OLG Dresden im ersten „Antifa Ost-Verfahren“ zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Als juristisches Instrument nutzten die Strafverfolgungsbehörden den § 129 StGB erstmals erfolgreich gegen die antifaschistische Bewegung, denn bisher wurden § 129 StGB-Ermittlungen gegen Antifaschist:innen immer wieder erfolglos eingestellt. Die Verurteilungen im „Antifa Ost-Verfahren“ sind eine Zäsur. Zu erwarten ist, dass der Staat in den nächsten Jahren vermehrt versuchen wird Antifaschist:innen nach § 129 StGB als kriminelle Vereinigung anzuklagen und systematisch gegen antifaschistisches Engagement vorzugehen.
Ein Beispiel sind die Verhaftungen mehrerer Antifaschist:innen durch die ungarische Polizei in Budapest im Februar 2023, bzgl. derer auch die deutschen Strafverfolgungsbehörden neue Ermittlungen eingeleitet haben. Die Festnahmen fanden um den 11. Februar, den sogenannten „Tag der Ehre“ statt. Seit nunmehr über einem halben Jahr sitzen in Budapest zwei Genoss:innen aus Berlin und Mailand in Untersuchungshaft, denen langjährige Haftstrafen drohen. Weitere Genoss:innen werden per Haftbefehl in Ungarn und Deutschland gesucht und es wird gegen noch mehr Genoss:innen ermittelt. Inzwischen sind die Ermittlungen der ungarischen Polizei abgeschlossen.
In diesem Kontext finden seit Februar 2023 bei Beschuldigten und deren Angehörigen immer wieder Hausdurchsuchungen statt. Die Ermittlungen der deutschen Behörden richten sich gegen junge Menschen, denen vorgeworfen wird Teil eines Netzwerks zu sein, das militant gegen Neonazis vorgegangen sein soll. Gerade sollen diese Genoss:innen für die Ermittlungsbehörden nicht mehr auffindbar sein. Teile der Presse führen eine Hetzkampagne und fantasieren von einer „Gefahr aus dem Untergrund“. Nach Vorgaben des LKA, BKA und VS wird in der bürgerlichen Presse von einer sich radikalisierenden Zelle im Untergrund gesprochen. Dass dies zur Rechtfertigung der eigenen Ermittlungsmethoden dient, scheint uns klar. Zuletzt wurde eine öffentliche Fahndung gegen einen Antifaschisten unter anderem auf großflächigen Werbetafeln gestartet, was in der Repression gegen die antifaschistische Bewegung eine neue Dimension darstellt.
Doch niemand erwähnt, dass allen Genoss:innen, gegen die in diesem Zusammenhang ermittelt wird, die Auslieferung nach Ungarn droht. Und dort soll die Untersuchungshaft, der Prozess und im schlimmsten Fall mehrjährige Haftstrafen stattfinden.
Doch nicht nur die sächsischen Behörden der SOKO LINX betätigen sich in weitreichenden Repressionsmaßnahmen gegenüber Antifaschist:innen.
Auch zwei Genoss:innen aus Stuttgart müssen derzeit ihre mehrjährigen Haftstrafen absitzen.
Einer der Beschuldigten und nun Verurteilten im Stuttgarter Krawallnacht-Verfahren hat sich nach eigener Erklärung dazu entschlossen, sich zu entziehen und seine Haftstrafe nicht anzutreten.
In Nürnberg kam es am 11. Oktober zu Hausdurchsuchungen bei sechs Antifaschist:innen. Ermittelt wird nach § 129 StGB, Grund dafür sind Graffitis zur „Verherrlichung der Antifa“.
Dass antifaschistisches Engagement, egal in welcher Form, kriminalisiert wird, ist nicht mehr zu übersehen. Dem gilt es ein konsequentes antifaschistisches Engagement und Solidarität entgegenzusetzen. Wir schicken allen inhaftierten, gesuchten, untergetauchten und von Repression betroffenen Antifaschist:innen unsere Kraft und widerständige Grüße. Ob bei Hausdurchsuchungen, auf der Flucht, im Exil oder hinter Gittern, ihr seid nicht allein!
gefunden auf Kontrapolis