Redebeitrag von uns und Andreas vom 27.04

Veröffentlich am 27.05.2025

Am 27.04.25 kamen mehrere Menschen zusammen vor der JVA Tegel zu einer Kundgebung. Wir veröffentlichen hier unseren Redebeitrag, sowie den von Andreas Krebs. Ihr findet hier den ursprünglichen Aufruf: https://political-prisoners.net/berlin-kundgebung-jva-tegel-schluss-mit-der-ausbeutung-der-gefangenen/31803/
Einen Radiobeitrag dazu, mit vielen Eindrücken und den Beiträgen der Kundgebung findet ihr hier: https://radioaktivberlin.nostate.net/2025/05/10/andreas-krebs-hungerstreik-gegen-misstaende-in-der-jva-tegel/


Redebeitrag von der Roten Hilfe Berlin

Liebe Genoss:innen, liebe Mitreiter:innen,

ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin. Die Gewalt und die Verachtung vom Staat gegenüber bestimmte Menschengruppen hat viele Gesichter und Formen. Statt die ökonomische Ungleichheit zu bekämpfen, wird diese verteidigt und arme Menschen werden, zum Beispiel durch Behörden, Justiz und Polizei, drangsaliert, sanktioniert und vertrieben.

Durch das Aufenthalts- und Ausländerrecht, wird die bloße Existenz von Menschen hier in Deutschland kriminalisiert und ihnen jegliche Perspektive verweigert. Oder denken wir an die systematische tödlicher Polizeigewalt, die vor knapp einer Woche Lorenz aus Oldenburg das Leben geraubt hat.

Uns gegenüber ist eine weitere Form permanenter staatlicher Gewalt. Diese Mauern, die so hoch und sichtbar sind, und gleichzeitig Menschen von uns isolieren und sie gesellschaftlich ausschließen und fast unsichtbar machen.

Die Inhaftierten werden stigmatisiert und sind der alltäglichen und allumfassenden Repression und Schikane des Knastsystems ausgeliefert. Die Erzählung einer Resozialisierung durch die Knäste ist einfach nur eine dreiste Lüge. Die Menschen innerhalb der Knastmauern, ihre Gesundheit und ihr persönliches Wohlergehen sind dem Staat wenig bis nichts wert. Die mangelnde gesundheitliche Versorgung, das restlose Streichen aller kulturellen, sportlichen Angeboten bis hin zu einer strengen Rationierung von Lebensmitteln sprechen Bänder. Den Inhaftierten werden keine Perspektiven geboten. Daher ist es kein Wunder, dass die Suizidrate in Knästen in Deutschland bis zu 12 mal höher ist, als im Vergleich zur restlichen Bevölkerung.

Ferhat Mayouf, welcher 2020 in seiner Zelle in der JVA Moabit an einem Brand erstickte, ist nur einer von vielen Menschen, der durch das Gefängnissystem ermordet wurde. Jede:r kann im Knast landen, aber es ist kein Zufall, dass es besonders Menschen wie Ferhat Mayouf trifft.

Er kam nach einem belanglosem Diebstahlvorwurf im Knast, da er keinen sicheren Aufenthalt hatte. Auch er hatte medizinische und psychische Hilfe gebraucht, welche ihm verwehrt wurde. Dafür wurde er bis zu 23 Stunden am Tag isoliert und war der Gewalt und Schikane der Wärter:innen ausgesetzt. Selbst bei einem Brand und trotz vieler Hilferufe, blieb seine Tür bis zum Schluss, bis zu seinem Tod, geschlossen.

Und gleichzeitig ist der Knast und die bloße Androhung davon ein staatliches Instrument im linke Bewegungen zu schwächen und zu brechen.

Genoss:innen sollen durch die Isolation und ständige Repression ihre politische Haltung aufgeben und dabei dient deren Einkerkerung als eine Abschreckung für die gesamten Bewegungen.

Doch dabei dürfen wir nie vergessen, dass die Repression nur das letzte Wort ist, wenn wir es hinnehmen.

Denn die Geschichte der Verfolgung und von Knästen, kann auch eine Geschichte von Widerstand sein.

Widerstand, wie auch unser Genosse Andreas Krebs ihn seit Jahrzehnten und auch heute noch führt. Er hat sich, trotz aller Schwierigkeiten und Risiken, zur Wehr gesetzt und seine politische und menschliche Haltung Taten folgen lassen. Zurzeit ist er seit dem 14.04 im Hungerstreik. Seine Kämpfe sind wichtige, inspirierende Beispiele für uns, von denen es viele gibt.

Doch jeder Widerstand muss auch von mehreren Menschen getragen und unterstützt werden.

Solidarität ist unsere Waffe und diese müssen wir auch dauerhaft nutzten und leben.

Als linke, stömungsübergreifende Antirepressionsstruktur, wissen wir, dass wir, die außerhalb der Knastmauern sind, trotz aller inhaltlichen und praktischen Differenzen, gemeinsam mit den inhaftierten Genoss:innen und kämpferischen Gefangenen, an eine bessere Zukunft für alle arbeiten müssen. Dieses Zusammenspiel, einer klaren politischen Haltung und einer vielfältigen gelebten Solidarität, verhindert das Genoss:innen isoliert und unsere Bewegungen gebrochen werden.

Denken wir zum Beispiel, neben Andreas an die antifaschistische Person Maja in Ungarn, an die Genossin Daniela in Vechta oder aber auch an die Genossen Nanuk und Mehmet Karaca, die zurzeit in der JVA Moabit sind. Sie alle und ihr Umfeld sind gelebte Beispiele dieser Solidarität.

Wir lassen uns nicht entzweien und auch niemanden alleine. Schreibt Briefe, Postkarten und überlegt euch andere Aktionsformen und Öffentlichkeitsarbeit aus.

Solidarität ist unsere Waffe!

Für Andreas, Daniela, Maja, Nanuk, Mehmet und die vielen weiteren Gefangenen.
Free them all!

Danke


Redebeitrag Andreas Krebs

Ich stehe voll und ganz hinter allen Forderungen was die Demo veranlasst und ich möchte auf zwei Punkte ganz besonders näher darauf eingehen. Durch die Haushaltskürzungen spüren wir ALLE das Ausmaß. So ist das Essen rationiert, Getränke gibt es hier in Tegel schon gar nicht Gruppenangebote werden ganz plötzlich gestrichen, Medikamente werden einfach reduziert und nur noch das Billigste ausgegeben.

Wir, die Inhaftierten des Landes Berlin und insbesondere in der JVA Tegel, der Sumpf der Korruption und Intrigenspielen, merken die Sparmaßnahmen an allen Ecken und leiden jeden Tag mehr !

Ein Inhaftierter, als Beispiel nehme ich jetzt mich, der unverschuldet ohne Arbeit ist, aus gesundheitlichen Gründen, bekommt im Schnitt ca. 44 Euro im Monat an Taschengeld. Und von diesen Geld soll man das ganze Monat über auskommen, wie Hygieneartikel, Nahrungsergänzungsmittel, Vitaminprodukte, etwas an Proteine, und sogar für seinen Haftraum eigenes Putzmittel. Und von diesen ca. 44 Euro muss ein Inhaftierter sogar noch seine TV-Leihgebühren und das TV-Signal bezahlen, was monatlich ca. 17.82 Euro sind.

Das heißt, Menschen die Arbeiten können sich Lebensmittel etc. kaufen und die Inhaftierten die wirklich nichts haben, sehen zu wie andere sich Fleisch, Kuchen und so weiter zubereiten können. Selbst wenn jemand von draußen Möglichkeiten hat, wo Angehörige zweckgebundenes Geld einbezahlen könnten, können die Gefangenen das Geld für den monatlichen Einkauf (so wie es zum Beispiel in anderen Bundesländern möglich ist), nicht auf das Hausgeld Aufstocken lassen.

Das heißt auf ca. 80 Euro Hausgeld, was zwar ein tropfen auf den heißen Stein ist, aber immer noch besser als gar nichts.

Brecht sagte einmal: erst kommt das Fressen und dann die Moral.

Das Antaltessen ist zum größten Teil zum einen zu wenig und zum anderen oft, nicht ständig, ungenießbar. Selbst normale Bedienstete die leider nichts zu Melden haben und sich hüten müssen was sie sagen, stimmen dem zu!

Ich befinde mich im Hungerstreik, weil die Zustände hier in Tegel einfach nur noch Unfassbar sind.

Schluß mit dieser Haushaltskürzung !

Die Bundesregierung sollte lieber nicht so viele Waffen an andere Länder beliefern, so würden sie zig Milliarden Einsparen.

Aber sie lassen gerade die Inhaftierten noch mehr Leiden als sie eh schon tun.

Ich Schließe mich allen Forderungen an und spreche hier im Namen aller Inhaftierter, ob im Land Berlin, in ganz Deutschland und Weltweit. Bei dieser Demo wäre es angebracht das auch die Angehörigen vor der JVA Tegel erscheinen, eine Vielzahl an Menschen, um zu zeigen das es so nicht mehr weiter gehen kann.

So Grüße ich alle Teilnehmer bei dieser Demo und sende euch die besten Grüße!

Euer Krebs. Andreas