Redebeitrag für Mumia Abu-Jamal

Veröffentlich am 07.01.2025

[For english translation, see page 2]

Am 09.12.24 war der 43 Haftjahrestag des politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal. An dem Tag gab es eine Kundgebung vor der US Botschaft. Wir veröffentlichen hier nachträglichen unseren Redebeitrag.
Mehr Infos zu der Aktion könnt ihr hier finden:
https://de.indymedia.org/node/475870
Einen Radiobeitrag dazu, mit vielen Eindrücken und den Beiträgen der Kundgebung findet ihr hier: https://radioaktivberlin.nostate.net/2024/12/18/berliner-berichte-zur-abschaffung-des-%c2%a7218-free-mumia-im-dezember-2024/

Zum Schluss, möchten wir alle auf eine Veranstaltung hinweisen zu dem neuen Buch „Beneath the Mountain: An Anti-Prison Reader“
Diese findet am Sonntag, den 12. Januar 2025 statt, im Mieterladen, Kreutzigerstr. 23, 10247 Berlin um 18:00 Uhr. Mehr Infos dazu findet ihr hier:
https://www.das-mumia-hoerbuch.de/mumiadeutsch.htm#Buchvorstellung_BeneathTheMountain


Liebe Genoss:innen, liebe Mitstreiter:innen, liebe Passant:innen,

ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin. Heute befindet sich Mumia Abu jamal seit 43 Jahren in Haft. Wir haben uns deshalb heute hier versammelt um seinen lebenslangen Widerstand zu würdigen und diesen erneut auf die Straßen zu tragen. Mumia ist ein politischer Gefangener, ein Journalist und Autor, ein Familien Mensch, ein Aktivist der Black Panther Bewegung und vieles mehr.

Im April dieses Jahres, kamen wir auch an seinen 70. Geburtstag in Form einer Kundgebung zusammen. Überall auf der Welt, wie auch hier in Deutschland, kämpfen Menschen seit Jahrzehnten für seine Freilassung. Über einen ganzen Ozean hinweg, können wir, so wie wir es auch heute tun, praktische Solidarität ausüben und uns über Sprachen, politische und soziale Hintergründe hinweg gegenseitig zur Seite stehen und unterstützen.

Mumia Abu-Jamal ist mit seinen unzähligen Veröffentlichungen zu einer der wichtigsten Stimmen aus dem Knast geworden. Immer wieder hat er den Rassismus, die Gewalt und die Fortführung der Sklaverei durch die Gefägnisindustrie der USA offengelegt und angeprangert. Für den Profit einiger weniger, sind über zwei Millionen Menschen in diesem sogenannten Land der Freiheit der Ausbeutung ausgeliefert.

Ähnliche Mechanismen lassen sich auch in Deutschland beobachten. Über 100 Firmen aus dem sogenannten freien Markt, benutzen Gefangene als billige Arbeitskraft, um ihre Profite zu erhöhen, wie beispielsweise BMW, Miele oder Würth. Gleichzeitig werden die Gefangenen über ein Versorgungsmonopol durch private Anbieter und Firmen ausgepresst, die enorme Preise für alltägliche Dinge, wie das telefonieren oder den Einkauf von Lebensmitteln verlangen. Dies und der eklatante Mangel an medizinischer und psychosozialer Versorgung verschärft die eh schon bestehende Unerträglichkeit der Haftbedingungen und beraubt inhaftierten Menschen jeglicher Perspektiven und drängt sie zusätzlich an die Wand. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Suizidrate in deutschen Gefängnissen bis zu 12 mal höher ist, als außerhalb der Knastmauern. An dieser Stelle möchte ich kurz ein Zitat von Mumia vortragen, welches sehr eindrucksvoll klar macht, was ein Leben im Gefängnis bedeuten kann:

„Der Knast ist ein Angriff im Sekundentakt auf die Seele, eine tägliche Erniedrigung des Selbst, ein bedrückender Schirm aus Stahl und Backstein, der Sekunden in Stunden und Stunden in Tage verwandelt.“

Und Gefängnisse sind natürlich Orte, wo die alltägliche Gewalt gegenüber den Inhaftierten von Justiz und Politik versteckt, vertuscht, und kleingeredet wird. All dies begünstigt Fälle von Folter und extremer Gewalt, wie sie auch beispielsweise in der JVA Augsburg-Gablingen durch Justizangestellte passiert ist. Die Verantwortlichen, aber auch ein großer Teil der Gesellschaft, scheinen wenig Interesse bis eine enorme Verachtung für das Schicksal der Gefangenen zu haben.

Die 43 Jahren die Mumia Abu-Jamal mit den Schikanen, Gewalt und Gefahren seiner Inhaftierung konfrontiert ist, hat er nicht einfach hingenommen, sondern im Gegenteil, diese hat er beantwortet mit einem konsequenten und langjährigen Widerstand. Ihm ging es dabei nie nur um sein eigenes Wohlergehen. Seinen Kampf trägt er nicht individuell aus, sondern für alle Gefangenen und für eine bessere Zukunft.

Wie sehr wir das Lebenswerk, die Einstellungen und Handlungen von Mumia zu würdigen wissen, so wissen wir auch, dass wir es auch unzähligen weiteren Genoss:innen und Aktivist:innen weltweit verdanken, dass sein Widerstand, durch die Solidarität, gestärkt wird.

Für uns als strömungsübergreifende linke Antirepressionsstruktur ist dies einer der gelebten Beweise dafür, dass eine klare Haltung und ein Zusammenhalt auf Augenhöhe, der Repression, sei sie noch so groß und gewaltvoll, trotzen kann

Denn neben der Ausbeutung und einer generellen Disziplinierung der Gesellschaft, erfüllt der Knast die wichtige Funktion emanzipatorische Kämpfe im Keim zu ersticken.

Auch hier in Deutschland sind viele Bewegungen immer noch oder erneut damit konfrontiert verhetzt und eingesperrt zu werden. Durch das Gefängnis oder auch nur die bloße Androhung davon, sollen Genoss:innen, beispielsweise aus der kurdischen, Klima, Antifa und, oder Palästina Bewegungen isoliert und klein gehalten werden. Wer innerhalb des Knastes eine klare Haltung bewahren kann, oder dort gar eine entwickelt und auch nur für die kleinsten Verbesserungen kämpft erlebt Schikane und Repression. Und so sehr wir uns die Freilassung unserer Genoss:innen wünschen und dafür kämpfen, gibt es auch jene Momente in denen wir uns machtlos fühlen. Ohnmächtig angesichts dieser riesigen Ungleichheit, die Zustände für sie und allen anderen zu verändern. Doch in diesen Momenten vergessen wir eins nicht:

Solidarität ist unsere Waffe gegen deren Repression. Sie gibt unseren inhaftierten Genoss*innen und Gefangenen Mut, stärkt deren Widerstand und kann sie schützen. Solidarität muss praktisch und im Alltag eingepflegt werden. Sie muss auch strömungsübergreifend sein, denn wir dürfen uns Angesicht von Verfolgung und Kriminalisierung nicht spalten lassen. Selbst bei aller inhaltlichen und praktischen Differenzen, Kritik und Streitigkeiten, sollten wir bei staatlicher Repression zusammen halten. Getroffen hat es einige, gemeint hat es uns alle.

Und vergessen wir dabei nie das Schreiben. Post und Austausch können ein wenig Leben in diese Orte bringen, und sei es auch nur ein paar Zeilen. Für das Aufbrechen der Isolation hinter den Mauern kann es nie zu viel Post geben. Schreibt an Mumia, an Leonhard Peltier, an Özgül Emre, an Ihsan Cibelik, an Serkan Küpeli, an Andreas Krebs, an Daniela Klette, an Maja, an Nanuk und all den vielen weiteren Genoss:innen und Inhaftierten.

Lass wir niemanden alleine, sondern knüpfen wir gemeinsam an den Kämpfen an für eine bessere Zukunft für alle.

In diesem Sinne

Free Mumia

Free Them All

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