Kundgebung am 27.05 zum Prozessauftakt wegen des Vorwurfs einer Verabredung

Veröffentlich am 15.05.2024

Am 27.05, um 12 Uhr, findet eine Kundgebung vor dem Amtsgericht Tiergarten statt. Wir teilen hier den Aufruf. Ihr findet diesen und weitere Informationen hier: https://verabredet.noblogs.org/post/2024/03/25/aufruf-zum-prozess-gegen-zwei-gefaehrtinnen-wegen-des-vorwurfs-einer-verabredung/


Aufruf zum Prozess gegen zwei Gefährt*innen wegen des Vorwurfs einer Verabredung

Vor über einem Jahr wurden zwei Gefährt*innen in der Nacht auf den 16. Februar 2023 in Berlin-Adlershof festgenommen. Unter dem Vorwurf der Verabredung zum Verbrechen (Brandstiftung) wird voraussichtlich am 27. Mai 2024 der Prozess vor dem erweiterten Schöffengericht des Amtsgerichts Tiergarten eröffnet.

Laut Anklageschrift sollten in dieser Nacht Kabel der Deutschen Bahn in Brand gesetzt werden – eine Konstruktion des Staatsschutzes, die von der Staatsanwaltschaft als Gewissheit verkauft werden muss, um überhaupt eine Verabredung anklagen zu können. Wir finden es uninteressant, darüber zu mutmaßen ob das anhand der Umstände der Festnahme plausibel scheint oder totaler Blödsinn ist und werden uns an solchen Spekulationen nicht beteiligen. Der Festnahme der Gefährt*innen ging keine Aktion voraus, stattdessen wird eine mögliche Tat und ihre Zielsetzung konstruiert. Mit dem Paragrafen der „Verabredung“ lässt sich für die Verfolgungsbehörden das Problem auflösen, völlig im Dunkeln zu tappen und gleichzeitig eine Drohkulisse aufzubauen. Dieser Vorwurf eröffnet dem Gericht einen Spielraum, Methoden und Zusammenkünfte derjenigen zu verfolgen, die sich gegen den Staat verschwören, ohne dass dafür etwas Konkretes geschehen sein muss. Das hindert uns aber nicht daran, zu sagen, dass der vielfältige Widerstand, von der Sorge füreinander über gegenseitige Hilfe bis zur Sabotage, schon immer Werkzeug in den Händen der Ausgebeuteten und Unterdrückten war.

Gerichtsprozesse und Knäste sind Instrumente der bürgerlichen Justiz, die Menschen in Schuldige und Unschuldige trennen. Bestrafung, Angst und der Zement des staatlichen Gewaltmonopols sollen jede*n darauf zurichten, sich in die patriarchale und koloniale Misere des kapitalistischen Systems einzufügen. Wer das getan hat, wer die Grenzzäune, Mauern, Regeln und Normen akzeptiert und seinen Teil dazu beisteuert, war oder wird in diesem Sinne unschuldig. Wer aber gar nicht anders kann oder sich verweigert, wer selbstbestimmt handelt, sich andere Wege sucht und angreift wird im Sinne des Strafgesetzbuches immer schuldig sein.

Wir verteidigen die Möglichkeit und Notwendigkeit direkter Aktionen als Werkzeug revolutionärer Kämpfe. In der Repression gegen unsere beiden Gefährt*innen sehen wir einen weiteren Versuch, die zu bedrohen, die dies ebenfalls tun. Ob Niederschlagung von G20-Protesten, Verfolgung von militantem Antifaschismus, entpolitisierte Stimmungsmache gegen die ehemalige Stadtguerilla oder die enorme Repression gegenüber antikolonialen Kämpfen: Während eine umfassende Militarisierung des Sozialen die Eskalation der staatlich organisierten Gewalt nach Innen und Außen begleitet, soll jedem Gedanken an die Machbarkeit selbstorganisierter Gegengewalt die Legitimität entzogen werden.
Stehen wir also dafür ein, die von oben durchgesetzte Trennlinie in Schuldig oder Unschuldig nicht zu akzeptieren. Sondern ziehen wir sie zwischen jenen, die sich bereichern und denen, die enteignen und vergemeinschaften was eh nicht den Konzernen und Banken gehört. Zwischen jenen, die Mauern bauen und denen, die sie überwinden. Zwischen den Mörder*innen in Uniform und denen, die ihre Konflikte miteinander lösen.

Zwischen denen, die die Freiheit begehren und jenen, die sie von ihnen stehlen.

Klar ist, dass schöne Worte nicht immer der Realität entsprechen. Sondern, dass Zweifel, Unsicherheit, Vereinzelung und die uns auf verschiedene Arten treffende Ausbeutung und Unterdrückung uns voneinander entfernen sollen. Aber gerade in unserer Verschiedenheit, mit allem was uns aus und besonders macht, können wir uns – im gegenseitigen Respekt – kennenlernen, zusammenfinden und den Schritt wagen uns zu verabreden. Dann können wir unsere Ängste teilen, Analysen finden sowie Vorschläge und Lösungen unserer Probleme gemeinsam angehen, statt uns als Einzelkämpfer*innen durchzuschlagen. Dabei wollen wir unsere Beziehungen auf Werte wie Ehrlichkeit, gegenseitige Hilfe, Leidenschaft und Vertrauen stützen und den Sinn unseres Daseins nicht als Teil des Zahnrades für Macht und Profit sehen, sondern in den Kämpfen für einen notwendigen gesellschaftlichen Umbruch suchen.

Diese Kämpfe waren schon immer notwendig und werden es auch bleiben. Unsere Verantwortung und Solidarität sehen wir daher auch darin, uns von Festnahmen und Ermittlungsverfahren nicht einschüchtern zu lassen. Die beste Antwort ist, für- und miteinander einzustehen und weiterhin die Ideen einer anderen Welt in Wort und Tat zu verteidigen und zu vervielfältigen – bis alle frei sind!

Wir laden Euch ein, den Prozess solidarisch zu begleiten und die Gefährt*innen auch vor Gericht zu unterstützen. Kommt mit uns zum Prozessauftakt am 27. Mai 2024 zum Amtsgericht Moabit!

Natürlich haben wir eine Verabredung, den Krieg zu sabotieren.
Natürlich haben wir eine Verabredung, den patriarchalen Normalzustand zu bekämpfen.
Natürlich haben wir eine Verabredung, die Ausbeutung der Erde und ihrer Lebewesen zu stoppen. Natürlich haben wir eine Verabredung, für die Freiheit aller zu kämpfen …

Kraft, Freiheit und Glück allen Verfolgten und Gefangenen, auf der Flucht und in den Knästen!

Vorläufige Prozesstermine:
27.05. – 14:00 Uhr
06.06. – 09:15 Uhr
13.06. – 09:15 Uhr
01.07. – 09:15 Uhr
04.07. – 09:15 Uhr
08.07. – 09:15 Uhr
11.07. – 09:15 Uhr

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