„Die Polizei löst keine Probleme, sondern sie ist eins“ – Redebeitrag vom 30.09.2022

Veröffentlich am 09.10.2022

Hier ist unser Redebeitrag für die Kundgebung „Kotti für Alle“, vom 30.09.2022. Den Aufruf findet ihr hier.

Liebe Anwohner:innen, liebe Genoss:innen und liebe Passant:innen,
ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe!

Die Vision der Berliner Innensenatorin Iris Spranger reiht sich wunderbar ein, in die Law-and-Order-Fantasien ihrer Vorgänger Andreas Geisel oder Frank Henkel.
Wir sehen die sozialen Probleme jeden Tag, ob hier am Kotti, an anderen sogenannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ in Berlin oder in anderen Städten:

  • Geflüchtete werden durch rassistische Gesetze und Verfolgung in die Illegalität getrieben,
  • die bloße Erscheinung von migrantisch-gelesenen Personen an öffentlichen Orten wird durch die Cops kriminalisiert,
  • von Armut und Obdachlosigkeit betroffene Menschen werden für ein idyllisches Stadtbild vertrieben
  • Und Drogennutzer:innen werden keine Perspektiven, keine soziale Auffangmöglichkeit oder sichere Orte angeboten – sie werden mit grundsätzlicher Selbstverschuldung stigmatisiert und verdienen keine Empathie sondern Vertreibung, Knüppel und Haft.

Eine Polizeiwache wird die existierenden sozialen Probleme hier am Kotti nicht lösen. Soll sie auch gar nicht.

Sie soll die gesellschaftliche Position und Anerkennung der Polizei festigen und ein Gefühl von Sicherheit inszenieren.
Der Innensenat will sich einerseits nicht mit den Bedürfnissen der Anwohner:innen und der vielen, schon seit Jahren hier im Kiez an Lösungen arbeitenden Initiativen und Gruppen auseinandersetzen, andererseits sollen dem Immobilienkapital vermeintlich sichere Anlagemöglichkeiten verschafft und ein Eindruck von Recht und Ordnung simuliert werden.

Dabei wird immer wieder betont, dass es eine helle, eine einladende Wache werden soll und die Beamt:innen auch nahbar für die Nachbarschaft sein werden.
Die Innensenatorin bemüht sich auch, die Polizei nur als ein Element einer ganzheitlichen Lösung zu vermarkten, um Kritik an dieser zu schwächen. Es soll beispielsweise mit der Stadtreinigung, mit Sozialarbeiter:innen oder zivilgesellschaftlichen Trägern und Vereinen zusammengearbeitet werden.
Die Repressionsbehörden wollen sich durch die Kooperation eine gesellschaftliche Legitimität verschaffen und die strukturellen und systematischen Probleme der Exekutive sollen weiter verschleiert werden.
Werden diese Probleme erwähnt, gibt sich Iris Spranger erhaben und spricht von Einzelfällen.
Ob es um die Rechten Netzwerke und Chatgruppen innerhalb der Polizei geht;
ob es um die Verhinderung der Aufklärung der rechten Anschläge in Neukölln geht;
ob es um die alltäglichen rassistischen Kontrollen an den sogenannten kriminalitätsbelasteten Orten geht oder um den von Bullen in Schöneweide ermordeten Obdachlosen Marcel:
Der Innensenat verteidigt und zerredet diese strukturellen Probleme in einer Tour, die beteiligten Beamt:innen haben keinerlei Konsequenzen zu fürchten und die internen Ermittlungen sind schon wieder eingestellt!

Die Polizei löst keine Probleme, sondern sie ist eins.
Lasst uns versuchen, uns von ihren Drohungen und ihrer Gewalt nicht einschüchtern zu lassen, liebe Genoss:innen und liebe Anwohner:innen!
Und auch wenn es manchmal schwierig erscheint, lasst uns versuchen, die Probleme und die sozialen Konflikte, ob hier am Kotti oder sonst wo, selbst in die Hand zu nehmen, statt sie an die Polizei zu delegieren!
Lasst uns zusammenhalten und ein Band der Rücksichtnahme und der Solidarität untereinander zu knüpfen!

Vielen Dank!!