Am 23.07.2020 verbrannte Ferhat Mayouf in seiner Zelle in der JVA Moabit. Als Rote Hilfe Berlin wollen wir den baldigen ersten Todestag zum Anlass nehmen, um uns bei den Gefangenen der JVA Moabit zu bedanken, die uns über den Vorfall informiert haben. Ihre Augenzeugenberichte sind für uns eine solide Grundlage, der offiziellen Darstellung zu widersprechen, es handle sich um einen Suizid (1).Ohne die Aussagen der Insassen, den juristischen Kampf seines Bruders und die Kämpfe von Genoss:innen, wären Ferhat Mayoufs Name und seine Ermordung schon in Vergessenheit geraten.
Justiz, Polizei und JVA versuchen mit allen Mitteln, die Illusion der Unfehlbarkeit staatlicher Gewalt aufrechtzuerhalten. Sie bekämpfen alle Bemühungen wahrhaftiger Aufklärung der Todesumstände in Gewahrsam. Ihre Repression trifft vor allem die Insassen, welche die Leitung und Mitarbeiter:innen der JVA Moabit besonders belastet haben. Der Knast, dieses geschlossene System, bietet den idealen Rahmen für alltägliche Erniedrigungen und Machtmissbrauch.
Um so mehr solidarisieren wir uns als Rote Hilfe Berlin mit Insassen, die sich nicht beugen, die im Knast weiter Widerstand leisten oder gar damit erst beginnen. Dabei ist es egal, ob die Genoss:innen wegen einer politischen Aktion sitzen oder nicht. Ihr Kampf im Knast wird politisch, wenn sie die Machtverhältnisse darin in Frage stellen, sich mit anderen solidarisieren und klare Missstände nach draußen tragen.
Im Fall von Ferhat Mayouf ist uns vor allem ein Name in Erinnerung geblieben. Der (ehemalige) Insasse der JVA Moabit Kay. Kay hat, so wie viele andere Gefangene, mit der Hilfe der Genoss:innen von C4F immer wieder direkt uns über die Probleme und Gefahren des Knastes berichtet. Bei einer Kundgebung der Death in Custody Kampagne für Ferhat Mayouf am 23.01.21 war er durch einen starken Audiobeitrag, obwohl physisch nicht anwesend, sehr präsent für viele der Genoss:innen vor Ort (2). Auf seine kämpferische Haltung hat die JVA Moabit reagiert, wie es Schergen fast immer tun bei Widerstand, mit Repression. Sie haben seine Heizung abgestellt, als draußen Frost herrschte. Sie haben wiederholt seine Zelle durchsucht und ihm persönliche Gegenstände weggenommen (3). Von alldem hat er sich aber nicht beirren lassen und hat in weiteren Redebeiträgen auf den Mord aufmerksam gemacht (4). Mit seinem ehemaligem Mitgefangenen Danny hat er auch eine sehr schöne Grußbotschaft aufgenommen (5). In dieser wird klar, dass der Kampf gegen Repression gegen Gefangene drinnen und draußen zwar an verschiedenen Orten geführt wird, aber zusammen gedacht werden muss.
In diesem Sinne. Kämpfen wir gemeinsam gegen Willkür, Repression und Mord im Knast. Kommt alle zur Demo am 23.07.21, dem ersten Todestag von Ferhat Mayouf (6).
No Justice No Peace
PS: Vor ein paar Monaten wurde Kay nach Wulkow verlegt, seine Texte dazu sind sehr empfehlenswert und wir wünschen dem Genossen, dass er weiterhin seine klare Haltung, sein starkes Mundwerk und auch seinen charmanten und unbequemen Humor behält (7).
Ihr könnt ihm Schreiben unter folgender Adresse:
Kay Schedel
Justizvollzugsanstalt Neuruppin-Wulkow
Ausbau 8
16835 Wulkow
Außerdem wollen wir auf ein aktuelles Interview mit einer Genoss:in von C4F aufmerksam machen. Darin werden nochmal die ganze Umstände zu Ferhat Mord erläutert. Ist hier zu finden:
https://archive.org/details/interview-ferhat-mayouf
Quellen:
1: https://criminalsforfreedom.noblogs.org/2020/08/update-sie-reden-von-suizid-aber-es-war-mord-weiterer-toter-durch-den-knast-moabit/
2: https://deathincustody.noblogs.org/post/2021/02/02/redebeitrag-2-7-vom-23-01-21-kay-gefangener-aus-moabit/
3: https://criminalsforfreedom.noblogs.org/2021/02/nach-kundgebung-demo-am-23-01-zellenrazzia-im-knast-moabit/
4: https://deathincustody.noblogs.org/post/2021/04/24/redebeitrag-von-kay-gefangener-aus-moabit/
5: https://criminalsforfreedom.noblogs.org/2021/03/gefangene-bedanken-sich-seit-wuetend-und-laut-fuer-sie/
6: https://criminalsforfreedom.noblogs.org/2021/07/update-zur-demo-am-23-07-21/
7: https://criminalsforfreedom.noblogs.org/2021/05/von-moabit-nach-wulkow-tag-der-verlegung/