Bis zu 100 Aktivist:innen haben in den vergangenen Wochen Strafbefehle erhalten, der erste Gerichtsprozess ist für den 4. November 2020 angekündigt. Das Berliner Bündnis What the fuck?! kritisiert die massive Repression.
2019: Während unserer Proteste gegen christliche FundamentalistInnen und ihren „Marsch für das Leben“ am 21. September letzten Jahres in Berlin wurden um die 100 Aktivist:innen nach einer friedlichen Sitzblockade stundenlang von der Polizei eingekesselt und danach in die Gefangenensammelstelle gebracht. Schon bei der Auflösung der Sitzblockade wandte die Polizei unnötig Gewalt u. a. Schmerzgriffe an. Nach stundenlangem Aufenthalt in der Gesa und abschließender Identitätsfeststellung wurden unsere Genoss:innen wieder frei gelassen. Es hagelte Anzeigen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Nötigung, Vermummung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Das Strafmaß lautet 20 Tagessätze.
„Es entstehen Kosten für Anwält:innen und Gerichtsverfahren, so dass wir davon ausgehen, dass auf die Aktivist:innen insgesamt ein Betrag im 5-stelligen Bereich zu kommen kann. In diesen prekären Zeiten, in denen viele Menschen ihr Jobs verlieren oder Kurzarbeiter:innen-Geld bekommen, ist das eine enorme Belastung. Bisher wurden unseres Wissens nach nur Verfahren eingestellt, die unter das Jugendstrafrecht fallen,“ so die Pressesprecherin des What-the-Fuck Bündnisses Lilli Kramer. Bei vielen, die nicht unter das Jungendstrafrecht fallen, stehen abNovember die ersten Gerichtstermine an, unter anderem am 4. November, um 14:30 Uhr in der Kirchstr. 6, 10557 Berlin, Raum 1002. Die Vehemenz der repressiven Vorgehensweise zeigt, wie sehr queer-feministische Proteste kriminalisiert werden. „Insbesondere in Zeiten in denen das Recht auf körperliche Selbstbestimmung massiv angegriffen und unterdrückt wird und Menschen wieder in die alten konservativen Rollen und patriarchalen Abhängigkeitsverhältnisse gedrängt werden sollen, ist feministischer Protest wichtig! Denn: Wir erleben eine Zeit massiver und gewaltvoller Angriffe von Rechts: Nationalistische, völkische und christliche FundamentalistInnen finden sich zusammen und versammeln sich unter Anderem jedes Jahr beim “Marsch für das Leben” und fordern ein völliges Abtreibungsverbot,“ erläutert eine der angeklagten Personen.
2020: Auch in diesem Jahr haben Aktivist:innen die volle Härte staatlich legalisierter Gewalt erfahren. Am 19. September zogen die selbsternannten „Lebensschützer“ erneut durch Berlin-Mitte. Die Polizei versuchte durch großräumige Absperrungen und unverhältnismäßige Platzverweise die Gegenproteste einzuschränken und wendete teilweise massive Gewalt gegen Protestierende an. „Die massiven Repressionen zeigen, welche Grundhaltung in der Polizei gegen unsere Proteste vorherrschen. Der immense Aufwand, der hier betrieben wird, um uns zu demoralisieren und unsere Kämpfe zu kriminalisieren, ist pure Übertreibung. Wir kämpfen weiter für reproduktive Rechte und gegen christlichen Fundamentalismus. Wir lassen uns nicht einschüchtern und halten zusammen! Feminism is not a crime,“ betont die Pressesprecherin Lilli Kramer.
Das Bündnis ruft dazu auf zu spenden, um die Aktivist:innen finanziell zu unterstützen
Rote Hilfe e.V.
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