Am 01.02.2020 haben Anwohnende der Grünberger Str. und aus Friedrichshain zu einer Demo aufgerufen, um an Maria zu gedenken und sich solidarisch mit den Opfern von Polizeigewalt zu zeigen. Auf dieser haben wir folgende Rede gehalten:
Liebe Genoss*innen, ich grüße euch im Namen der Roten Hilfe Berlin.
Wir finden uns heute hier zusammen um den Tod von Maria zu betrauern und uns mit den Angehörigen, Freund*innen, Bekannten und Unterstützer*innen der Verstorbenen zu solidarisieren. Wir sind heute aber auch hier, weil Maria von einem Bullen erschossen wurde und wir die staatliche Gewalt und ihre Erzählungen nicht einfach so hinnehmen, sondern ihr etwas entgegensetzen wollen. Deshalb fordern wir lückenlose Aufklärung und Konsequenzen für die beteiligten Beamten. Denn die vermeintlichen Einzelfälle tödlicher Polizeieinsätze und deren Vertuschung sind auch in Deutschland teil einer Kontinuität.
Doch wir dürfen uns auch nichts vormachen, einfache Bitten an den Staat werden auch in diesem Fall nichts nützen. Wie wenig dieser ein ernsthaftes Interesse daran hat gegen sein eigenes Exekutives Organ vorzugehen ist uns leider aus zu vielen Beispielen bekannt. Wir erinnern uns alle mit welcher abgeklärten Dreistigkeit unser jetziger Vizekanzler Olaf Scholz behauptete, es habe in Hamburg während der G20 Proteste keine Polizeigewalt gegeben.
Doch nicht nur bei linken Protestbewegungen werden die Betroffenen ignoriert und kriminalisiert. Die Polizei übt strukturelle Repression genauso gegen Menschen in gesellschaftlich marginalisierten Positionen aus. So erleben beispielsweise Arme, Schwarze und Menschen in psychischen Krisenzuständen Polizeigewalt als eine ernstzunehmende und gefährliche, aber auch alltägliche Realität wahr. Wie bei Maria, endet es in manchen Fällen tödlich. So auch 2016, als Hussam Fadl, in Berlin hinterrücks von Bullen erschossen wurde.
Doch damit nicht genug. Die Betroffenen werden über Ihren Tod hinaus kriminalisiert und als gefährliche Subjekte dargestellt und oft vollkommen entmenschlicht werden. So wurde Maria bereits kurz nach ihrem Tod als gestörte Person beschrieben, die dem Bullen keine andere Handlungsmöglichkeit ließ, als zu schießen. Bei Hussam Fadl fügten die Beamten selber noch ein Messer hinzu, um ihren Mord zu rechtfertigen. Diese einseitigen Narrative werden von vielen Medien weiter verstärkt – es werden sich widerlichste Schlagzeilen aus den Fingern gesogen und Polizeimeldungen unkritisch wiedergegeben.
Der Erzählung einer Polizei, die die Bevölkerung beschützt möchten wir gemeinsam mit euch widersprechen und stattdessen darüber reden, wozu die Exekutive wirklich dient.
Der diesjährige europäische Polizeikongress findet unter dem Motto „Rechtsstaat durchsetzten“ statt. Konkret bedeutet das bessere Ausrüstungen und optimierte Techniken für noch mehr Gewalt, Konfrontation und Repression. Darüber hinaus hat die Justiz in vielen Bundesländern die Exekutive mit neueingeführten und verschärften Gesetzen ausgestattet, damit Sie ihre neuen Spielzeuge gegen uns nutzen können.
Davon dürfen wir uns nicht einschüchtern lassen. Die Rote Hilfe Berlin appelliert an alle Genoss*innen sich solidarisch zu vernetzen, auszutauschen und gemeinsam zu handeln. Solche Vorfälle dürfen sich nicht wiederholen, erst recht nicht konsequenzlos. Lasst uns nicht bitten und hoffen, dass der Staat von selbst auf die Idee kommt sich zu bessern. Lasst uns Druck ausüben auf Justiz und Polizei. Lasst uns diese beschissene und im schlimmsten Falle tödliche staatliche Repression gemeinsam bekämpfen.
Der heute und morgen stattfindende „Entsichern“ Kongress im Mehringhof kann und sollte dafür genutzt werden. Kommt vorbei, informiert euch und tauscht euch aus.
Haltet euch auch den 15 März frei, der internationale Tag, gegen Polizeigewalt. Die Death in Custody Kampagne, welche Polizeimorde aufklärt im rassistischen Kontext, hat zu einer Bundesweiten Demonstration an diesem Tag aufgerufen. Haltet Ausschau auch nach anderen Aktionen um euch anzuschließen oder startet selbst welche.
Jedes Opfer von Polizeigewalt ist ein Opfer zu viel.
In Gedenken an Maria, Hussam und all die anderen.
Danke