Am 12. Mai 2019 fand im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages am Flughafen Schönefeld eine Demo Abschiebehaft abschaffen! Für eine (Un)Geordnete Rückkehr zur Menschenwürde und Solidarität! statt, auf der wir folgenden Redebeitrag gehalten haben:
Liebe Genoss*innen,
Wir von der Ortsgruppe der Roten Hilfe Berlin grüßen alle Menschen, die heute hier sind, um deutlich zu machen, dass sie mit einer repressiven Asylpolitik und Abschiebungen nicht einverstanden sind!
Aktuell gibt es 13 Abschiebehaftanstalten in Deutschland. 6 weitere sind geplant, eine davon hier, am Flughafen Schönefeld. Die Praxis der Abschiebung und die Inhaftierung von Menschen zur Durchführung dieser menschenunwürdigen Praxis in eigens dafür vorgesehene Haftanstalten kritisieren wir aufs Schärfste! Während vor unseren Augen Reisefreiheit zelebriert wird, befindet sich am gleichen Ort der Knast!
Diese Praxis ist nicht neu. Die Ökonomisierung und Kriminalisierung von Leben durch die menschenverachtende Politik von Europa und Deutschland hat eine lange Geschichte. Dieses Jahr gibt es in Deutschland 100 Jahre Abschiebehaft. Das sind 100 Scheißjahre zuviel!
Allein im Jahr 2018 wurden mehr als 20.000 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Über 20.000 Existenzen wurden damit gefährdet und sind es weiterhin, alleine aus einem Jahr repressiver Abschiebepraxis. Die Abschiebung und die damit verbundene Inhaftierung sind nicht die einzigen rassistischen Mittel zur Unterdrückung und zur Kriminalisierung von Geflüchteten.
Der deutsche Staat hat ein ganzes Arsenal davon. Doch haben die beiden legalen Praxen der Abschiebung und der Inhaftierung die verheerendsten und schädlichsten Folgen. Denn sie gefährden die betroffene Person und isolieren sie aus ihren sozialen Umfeld. Hinzu kommen die permanente Angst vor der drohenden gewalttätigen Festnahme und die fehlende Zukunftsperspektive.
Flucht ist kein Verbrechen!
Europa und Deutschland sind keine unbeteiligten Akteure an den unzähligen Gründen, die als Fluchtursachen gelten. Sie fördern die politischen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Katastrophen, aus welchen Menschen fliehen müssen. Sie stärken die unfreiwillige Migration und kriminalisieren sie im gleichem Atemzug.
Das Asylgesetz wird auch gezielt gegen linke Bewegungen verwendet und erweitert die Repression mittel des Strafrechts für nicht europäische Staatsbürger. Ob bei den Bewegungen rund um den Oranienplatz oder dem Kampf der kurdischen Genoss*innen, immer wieder wurde der unsichere rechtliche Status von Asylsuchenden gegen sie benutzt und ausgespielt.
Die Rote Hilfe ist eine strömungs übergreifende linke Solidaritätsorganisation. Wir wissen, wie wichtig es ist, Betroffene von Repression nicht sich selbst zu überlassen. Unsere Solidarität gilt den von Repression Betroffenen und den Genoss*innen, die diese menschenverachtende Politik aktiv bekämpfen.
Die möglichen Mittel und Positionen zum Widerstand sind divers. Ob Hungerstreik in den Knästen oder Versuche, Abschiebungen zu verhindern, die Solidarität muss sichtbar werden, auf allen Ebenen! Dabei dürfen wir uns nicht durch staatliche Repression einschüchtern lassen und uns nicht von unserem Kampf für eine gerechte und emanzipatorische Gesellschaft abbringen lassen.
Ziviler Ungehorsam und alternative Aktionen haben einen festen Platz in der Widerstandsgeschichte linker und antirassistischer Bewegungen.
In diesem Sinne grüßen wir auch Bernhard, Thomas und Peter vom Komitee, die zurzeit in Venezuela im Exil leben. 1995 haben diese drei den damals in Bau befindlichen Abschiebeknast in Grünau sprengen wollen. Ziel war es, dessen Fertigstellung und Betrieb so weit wie möglich zu verzögern. Obwohl dieser Versuch scheiterte, richtete er sich dennoch gegen das verheerende Asylsystem in Europa und ganz konkret gegen die menschenunwürdige Institution von Abschiebehaftanstalten. Dies ist nur eines von vielen Bespielen der widerständigen und linken Geschichte.
100 Jahren Abschiebehaft muss mit 100 Jahren Widerstand bekämpft werden. In diesem Sinne:
Solidarität muss praktisch werden!
Feuer und Flamme den Abschiebebehörden!