Freiheit für Aaron und Balu

Veröffentlich am 27.07.2016

Während der Demonstration „Investorenträume platzen lassen! Rigaer 94 verteidigen!“ am 9.7. wurden Aaron und Balu festgenommen und am Folgetag einem Haftrichter vorgeführt, welcher unsere beiden Gefährten zu Untersuchungshaft verdonnerte. Dieser Beschluss wurde mit dem scheinheiligen Vorwurf der Fluchtgefahr und der vermeintlichen Schwere der Vorwürfe begründet. In beiden Fällen bestehen die Vorwürfe aus schwerem Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Balu wird vorgeworfen versuchte gefährliche Körperverletzung begangen zu haben. In Aarons Fall wird die gefährliche Körperverletzung mit Sachbeschädigung hinzugefügt. Wir begreifen den Beschluss jedoch als Farce. Es bedarf nicht viel Weitsicht, um zu verstehen, wie dieser Beschluss zu Stande kam. Dennoch sollten an dieser Stelle die Zustände in Berlin umschrieben werden.

Vor ca. 6-5 Jahren begann der Jubel der Investor*innen, dass es in Berlin zu anhaltender Wertsteigerung von Immobilien kommt und keine Preisblase in Sicht ist. Dementsprechend schritt die Stadtumstrukturierung nach kapitalistischem Maße voran. Mietpreise schossen bei stagnierenden Realgehältern in die Höhe, sodass auch teilweise bürgerliche Kleinfamilien sich in Teilen von Friedrichshain Kreuzberg oder Neukölln die Mieten nicht mehr leisten können. Linke Wohnprojekte wie die Liebig 14 wurden geräumt, um Platz für Investor*innen zu schaffen und Kieze, die für Selbige als hartes Terrain gelten, zu „bereinigen“. So liegt es nah, dass sich Widerstand formt und permanente Kämpfe gegen Gentrifizierung und für den Erhalt von linken Freiräumen geführt werden.

Die Antwort der Herrschenden darauf ist Repression in Form von bspw. (Zwangs-)Räumungen oder dem vom Innensenat ausgerufenen Gefahrengebiet, welches mit staatlichem Terror einhergeht. Dieser Terror äußert sich in dauerhaften polizeilichen und verdachtsunabhängigen Kontrollen von Personalien, sowie der Schikanierung von Anwohner*innen oder auch nur zufällig vorbeikommender Menschen. Fakt ist: Jeder Mensch, der sich solidarisch mit dem Friedrichshainer Nordkiez zeigt, wird angegriffen.

Mensch bedenke, dass sich seit ungefähr 8 Monaten der Nordkiez in einer Dauerbelagerung durch den permanenten Aufenthalt von ca. 2 Einsatzhundertschaften befindet. Dieser Gedanke wird noch abstruser, da im Allgemeinen Ordnungs- und Sicherheitsgesetz (ASOG) nichts von einer derartigen zeitlich und örtlich unbeschränkten Ausführung steht. Dazu kommen verschiedene Höhepunkte von staatlichen illegalen Angriffen auf die Rigaer94, wie die Hausdurchsuchung im Januar diesen Jahres, die von 550 Polizisten und einer Einheit des SEK, bewaffnet mit Schnellfeuerwaffen, durchgeführt wurde. Dabei wurden 1,5 Tonnen Kohle beschlagnahmt, die Wohnungen beschädigt und Bewohner*innen schikaniert. Die radikale Linke antwortete am 6.2. mit der „rebellische Kiez verteidigen“-Demonstration, bei der 5000 Demonstrant*innen ein energisches und kraftvolles Zeichen gegen politische Repression und die von der Politik befeuerte Gentrifizierung setzten.
Hiermit noch nicht genug! So wurden am 22.6.2016 die Kadterschmiede im Erdgeschoss und der Dachboden der Rigaer94 geräumt und sollten von einem Trupp Bauarbeiter renoviert werden. Bis zum Urteil des Berliner Landesgerichts, welches die Räumung natürlich ohne entsprechenden Titel am 12.7.2016, als illegal beurteilte, hielten sich ein großes Aufgebot Polizisten*innen vor und in der Rigaer94 auf um die Bauarbeiten zu „sichern“. Auch dieses Ereignis löste selbstverständlich Widerstand aus. Enough is Enough!

Der Senat steckte auf diese Art und Weise eine Niederlage ein, die besonders Einen traf: den Innensenator Frank Henkel(CDU), den Initiator der staatlichen Angriffe. Seine Antwort war eine Sonderkommission LinX ein zurichten, die sich lächerlich machte, in dem sie ihren eigenen Informanten Marcel Göbel festnahm und das als Triumph feierte. Er lieferte auch die Vorgabe an die Polizei die Solidaritätsdemonstration am 9.7. eskalieren zu lassen. Nach dem zweimal von Seiten der Polizei mit Knüppeln und Pfefferspray die Demonstrant*innen stark angegriffen wurde, kam es im weiteren Verlauf zu 86 Festnahmen und 123 „verletzten“ Polizist*innen.

Aus diesen 86 wurden 2 Menschen ausgewählt, Aaron und Balu, die für die Legitimation der Repression gegen Linke und der Law&Order-Politik Henkels zur Verantwortung gezogen werden sollen und immer noch in Untersuchungshaft sitzen. Mit anwältlicher Hilfe wurde bisher alles erdenkliche unternommen, um unsere Gefährten wieder aus der Untersuchungshaft zu holen. Die Richter*innen der ersten und zweiten Haftprüfungen entschieden sich gegen Freilassung, da die Staatsanwältin Sadri-Herzog eine Fluchtgefahr auf Basis vermeintlich ungeklärter Wohnverhältnisse suggerierte und auf die vermeintliche Schwere der Vorwürfe einging. Der Beschluss unsere Gefährten in Untersuchungshaft zu stecken, dient lediglich der Zermürbung und dem Brechen der beiden. Sie sollen sich vor Gericht als reuige, demütige Angeklagte zeigen. Interessant ist auch, dass im Fall von Balu der Vorwurf der versuchten gefährlichen Körperverletzung lediglich auf Aussagen von Zivilpolizeizeugen basiert und keine geschädigte Person gefunden werden konnte. Die vermeintliche Fluchtgefahr von Balu beruht darauf, dass er Einblick in seine Wohnsituation erlaubte. Er gab an bei seiner Mutter gemeldet zu sein, in einer WG in Münster zu leben und in Frankfurt ab nächstem Semester studieren zu wollen. Aarons Fluchtgefahr wird mit vielen Stempeln in seinem Reisepass und österreichischen Herkunft begründet.

Um weiter Druck aufzubauen, erklärte die Staatsanwältin sich dafür einsetzen zu wollen, dass beide mehrjährige Haftstrafen erhalten. Für uns ist klar, dass an Aaron und Balu ein Exempel statuiert werden soll, das widerständige Menschen einschüchtern soll und der Abschreckung dient, sich gegen eine Stadtumstrukturierung nach kapitalistischen Maßstäben aufzulehnen, sowohl als die herrschenden Verhältnisse anzugreifen. Gleichzeitig muss Henkel seinen Wahlkampf, der sich wie beschrieben an der radikalen Linken abarbeitet, verteidigen. Für Henkel, der für seine Law&Order-Politk bekannt ist, gilt es zu vermeiden von konservativen Teilen der Bevölkerung als schwach zu gelten. So fischt er auch auf Kosten auf unserer Gefährten nach Stimmen, die er der AFD zur kommenden Berlinwahl im September abringen möchte.

Angesichts der bestehenden Gegebenheiten betrachten wir rebellisches Verhalten als eine Notwendigkeit, um die bestehenden Herrschaftsverhältnisse anzugreifen, abzuschaffen und nach freiheitlichem Maßstäben umzugestalten! Wir zeigen uns bedingungslos solidarisch mit Aaron und Balu und möchten euch auffordern dasselbe zu tun! Werdet aktiv und kreativ! Schreibt den Beiden! Spendet, um kommende Repressionskosten abzudecken und deren Anwalt zu finanzieren!

Unsere Solidarität gegen ihre Repression! Freiheit für Aaron und Balu!

Rote Hilfe OG Berlin

Als Kontaktadresse könnt ihr die unsere Adresse verwenden. Wir leiten die Briefe weiter.

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Stichwort: support Aaron und Balu

Wenn ihr euch weiter informieren wollt. Homepage des Solikreises für Aaron und Balu:

https://aaronbalu.blackblogs.org/