Massive Polizeirepression gegen Teilnehmer*innen friedlicher Proteste gegen Zwangsräumungen

Veröffentlich am 08.04.2015

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Ernst Brenning ist Anwalt, Notar Burschenschaftler, Justizar der CDU Berlin und sitzt im Kuratorium der Evangelischen Schulstiftung der regionalen Landeskirche. Und er ist Vermieter.
In der Reichenberger Str. 73 betreibt er seit Jahren den Rausschmiss seiner langjährigen Mieter*innen. Doch das Haus gehört ihm nicht mehr, er hat es seinen Kindern überschrieben. Doch E. Brenning tritt weiterhin als Vermieter auf, insbesondere wenn es um Kündigungen geht. Dabei wurde schon gerichtlich festgestellt, dass er nicht Vermieter und somit nicht zur Kündigung berechtigt ist.

Trotzdem kündigte er im November 2012 der Familie A., gegen die er über Jahre hinweg immer wieder geklagt hatte. Lange konnte sich die Familie wehren, doch irgendwann winkte eine Richterin die Kündigung durch. Nach dem vorläufigen Urteil des Amtsgerichts ließ der Kirchenmann am 27.3.2014 die Familie zwangsräumen.Zur selben Zeit verlor eine andere langjährige Mieterin des Hauses ihre Wohnung. Sie hatte E. Brennings Praktiken kritisiert und musste deshalb gehen.

Seit der Mietrechtsnovelle vom Mai 2013 dürfen Eigentümern*innen ihre Mieter*innen noch vor Abschluss eines Prozesses zwangsräumen lassen. Konsequenzen müssen sie nicht befürchten, sollten am Ende doch die Mieter*innen gewinnen. Ist die Wohnung bereits neu vermietet, haben die zu unrecht gekündigten und zwangsgeräumten Mieter*innen Pech gehabt! Dies ist geltendes Recht und ein Freifahrtschein für alle Eigentümer*innen, die ihre Mieter*innen loswerden wollen.

Die Familie A. gewann wie erwartet am 3.12.2014 ihren Berufungsprozess, doch die Wohnung ist bereits luxusmodernisiert und zum doppelten Preis neu vermietet. Angesichts der fortgeschrittenen Gentrifizierung hat die Familie A. keine Chance in ihren Kiez zurückzuziehen und trägt trotz des gewonnenen Prozesses den ganzen Schaden allein. Einen Vergleich über eine Schadenersatzzahlung lehnte E. Brenning ab. Die zu unrecht gekündigten und zwangsgeräumten Mieter*innen müssen somit jeden Euro des ihnen entstanden materiellen
Schadens einzeln einklagen.

Als Protest gegen die Zwangsräumung der Familie A. kam es zu einer spontanen Sitzblockade vor der Reichenberger Str. 73. Die Polizei fertigte umfassende Videoaufnahmen von der Blockade an. Ergebnis: Elf Personen wurden festgenommen, ED-behandelt und dem Staatsschutz vorgeführt.

Zwei Tage später, am 29.3., organisierte ein Bündnis aus Kotti & Co, Stadteilinitiativen und dem Bündnis Zwangsräumung verhindern eine Lärmdemo gegen Zwangsräumungen und Polizeirepression. Vorkontrollen und Übergriffe der Polizei führten zum vorzeitigen Abbruch der Demo. Die Polizei verhaftete und verletztemehrere Personen und stürmte und verwüstete die Ladenwohnung solidarischer Nachbar*innen.

Mehrere Verfahren wurden vor Anklageerhebung eingestellt. Begründung der Staatsanwältin: die Beschuldigten haben „aus altruistischen Motiven gehandelt“. Damit erkennt sie an, dass die Angezeigten aus ihrem Gewissen und Verantwortungsgefühl heraus handelten und dafür nicht zu bestrafen sind. Doch noch Monate nach der Zwangsräumung hielt die Polizei anhand der Videoauswertung der Sitzblockade wiederholt Personen auf offener Straße fest, nahm ihre Personalien auf und verpasste ihnen Strafanzeigen wegen Nötigung, Beleidigung und Widerstand. Dabei waren sowohl viele Ermittlungsverfahren bereits eingestellt, als auch die Kündigung als unrechtsam aufgehoben worden!

Warum diese hartnäckige Repression gegen friedliche Proteste? Weil Brenning ein Parteifreund von Innensenator Frank Henkel ist? Weil ein abschreckendes Exempel gegen die Mieter*innen-Bewegung statuiert werden soll? Weil die Ermittlung anhand von Videoaufnahmen in großem Stil erprobt werden soll? Offensichtlich ist, dass wir davon abgehalten werden sollen, unsere Rechte wahrzunehmen und uns gegen Missstände in Gesellschaft und Politik und gegen staatliche Repression zu wehren.

Insgesamt haben mehr als 20 Personen im Zusammenhang mit der Zwangsräumung vom 27.3.2014 polizeiliche Vorladungen erhalten. Wir fordern, dass alle Anklagen fallengelassen werden und keine Zwangsräumungen mehr durchgeführt werden! Zwei Verfahren wurden bereits abgeschlossen und zusammen mit ca. 1000,- Euro Bußgeld belegt. Am 14.4.2015 findet 9:30 der nächste Prozess gegen vier weiter Angeklagte im Amtsgericht Turmstr. 91, Saal 572 statt.
Die Unterstützer*innen-Gruppe lädt ein am:
– 9.4. um 18:30 zur Kiez-Versammlung von unten im Jockel Biergarten, Ratiborstr. 14c, mit Infos, Foto- und Videomaterial zur Repression im Reichenberger Kiez.
– 25.4. ab 21:00 zur Soli-Party der Tortenheber im Kino der Regenbogenfabrik der Lausitzer Str. 22.
Spendenkonto: Patricia Lüdicke // Berliner Sparkasse // IBAN: DE72 1005 0000 0640 0235 76
BIC: BELADEBEXXX // Verwendungszweck: Anti-Rep-Reiche 73